Experteninterview – Wasserspender in der stationären Pflege

Die Umstellung von Flaschenwasser auf Wasserspender in der stationären Pflege spart nicht nur Geld, sondern auch sehr viel CO2: 0,35 g CO2 pro Liter Leitungswasser statt satte 202,74 g CO2 pro Liter Flaschenwasser (a tip: tap e. V.). Klimafreundlich pflegen sprach mit Toralf Schwebke, Einrichtungsleiter des AWO Seniorenzentrums Stadtweide in Rostock, die erfolgreich auf Wasserspender umgestellt haben und mit Dominik Lanzl von atip:tap e.V., ein gemeinnütziger Verein, der die Wasserwende durch Informations- und Aufklärungsarbeit begleitet.

Herr Schwebke, sie haben erfolgreich Wasserspender in Ihrer Einrichtung eingeführt. Wie kam es zu der Überlegung auf Leitungswasser umzustellen?

Schwebke:  Unsere Einrichtung ist Teil des Projekts „klimafreundlich pflegen –überall!“ und uns war es ein Anliegen zu prüfen, welche CO2-einsparenden Maßnahmen sich umsetzen lassen. Ein weiterer Grund war das Risiko von möglichen Lieferengpässen bei Flaschenwasser in den Sommermonaten zu minimieren. Durch die Umstellung auf Leitungswasser umgehen wir die Abhängigkeit von Lieferketten. Nicht nur die Senior*innen, auch unsere Mitarbeitenden wollen bei starker Hitze mit ausreichend Wasser versorgt sein.

Herr Lanzl, ist denn Leitungswasser überhaupt mit den Hygiene Regelungen in der stationären Pflege vereinbar?

Lanzl: Die Deutsche Leitungswasserqualität ist hervorragend, denn sie entspricht hohen Hygienestandards. Laut Trinkwasserverordnung müssen hier regelmäßig 54 Parameter kontrolliert werden. Bei Flaschenwasser sind es nur 17 Parameter. Zur eigenen Überzeugung kann eine Einrichtung individuelle Qualitätstest des Leitungswassers durchführen lassen, z.B. auf eventuelle Schwermetalle aus der Leitung. Zudem sollte das Gesundheitsamt zur Planung miteingebunden werden. In manchen Regionen kann es nötig sein, Wasserspender mit zusätzlichen Filtern auszustatten.

Mit welchen Kosten muss man bei der Umstellung rechnen?

Schwebke: Natürlich bedeutet eine solche Umstrukturierung zunächst eine Investition. Wir haben verglichen, wie viel Geld zuvor in Trinkwasser geflossen ist.  Pro monatliche Lieferung haben wir etwa 950 – 1000 € zzgl. Pfandverlusten gezahlt. Ein Trinkwasser Tischgerät hat eine monatliche Leasingrate von 160 €. Die Anschaffungskosten der neuen Trinkflaschen für 100 Stück beliefen sich auf 270 €. Die Kosten für die Miete der insgesamt sieben Geräte gleicht sich in etwa mit den Kosten für die Lieferung von Flaschenwasser aus. Die Anschaffungskosten für die Tritan-Trinkflaschen amortisieren sich durch entgehende Pfandverluste in einigen Monaten.

Lanzl: Trinkwasser ist um ein Vielfaches günstiger als Flaschenwasser. Der Durchschnittspreis von einem der meistverkauften Flaschenwasser liegt bei 70 Cent. Je nach Region liegt Leitungswasser bei ca. 0,5 Cent pro Liter. Der Preis für Leitungswasser setzt sich dabei aus Frisch- und Abwasser zusammen. Somit ist es nicht verwunderlich, dass die Investitionen sich bereits nach kurzer Zeit rechnen.

Welche Anschaffungen sind notwendig für eine reibungslose Umstellung?

Schwebke: Wir haben in allen Wohnbereichen und im Speisesaal Wasserspender installieren lassen. Dafür waren teils kleinere Umbaumaßnahmen nötig. Auf den Teeküchen haben wir Tischgeräte installiert. Auf den Fluren gibt es Standgeräte. An den Automaten kann man wählen zwischen Sprudel und still, sowie gekühlt und ungekühlt. Zudem haben die Automaten eine digitale Anzeige, an der man ablesen kann, wieviel von welchem Wasser zu welchem Zeitpunkt gezapft wurde.

Zur Herstellung des Sprudelwassers werden Gasflaschen benötigt. Wir haben uns für 2 kg Flaschen entschieden. Diese werden bei Bedarf von unserem Haustechniker ausgetauscht.

Für die Bewohner*innen entschlossen wir uns für 0,75 l Tritanflaschen. Diese sind bruchsicher und es entsteht keine Unfallgefahr. Um ausreichend Flaschen und somit die Versorgung zu gewährleisten, wurden für jeden Bewohner*innenplatz 5 Flaschen eingekauft. Somit kommt es auch nicht zu Engpässen, wenn Flaschen gehortet werden oder einmal verschwinden. Es gibt 3 verschieden Deckel: blau für Sprudelwasser, weiß für stilles Wasser, und einen Sportaufsatz für einfacheres Trinken.

Für die Mitarbeitenden haben wir die Flaschen mit einer AWO-Rostock-Gravur versehen. So unterscheiden sie sich von den Bewohnerflaschen und eignen sich auch hervorragend als Willkommensgeschenk für neue Mitarbeitende. Dank der Flaschen werden auch Mitarbeitende angeregt, ausreichend zu trinken und die Vorzüge der Wasserspender zu genießen. Das steigert auch die Akzeptanz.

Welche Veränderungen kamen auf die Mitarbeitenden und Bewohner*innen zu?

Schwebke: Etwas Neues einzuführen bedeutet immer eine Veränderung und Umgewöhnung. Hier ist es wichtig alle Bereiche der Einrichtung und neben den Mitarbeitenden auch die Bewohnervertretung in den Prozess mit einzubeziehen. Logistisch ließ sich das neue Konzept gut in den Pflegealltag integrieren. Die Mitarbeitenden wurden kurz in die Anwendung der Anlagen eingeführt. Für Mitarbeitende bedeutet die Umstellung keinen Zeitverlust und dank der Wasserspender wird ihnen der Transport der schweren Wasserkisten erspart. Das Auffüllen des größten Teils der Flaschen übernimmt der Nachtdienst. Die Bewohner*innen nutzen die Wasserspender auch und füllen ihre Flaschen zum Teil selbst auf. Um die Nutzung für Bewohner*innen zu erleichtern, sind die Automaten so eingestellt, dass nach 0,75 l, also einer Flaschenfüllung, die Entnahme stoppt.

Wie organisieren Sie die Reinigung und Desinfektion der Flaschen?

Schwebke: Unsere Flaschen wurden zunächst in der Großküche gereinigt, da wir auf den Wohnbereichen keine gewerblichen Geschirrspüler hatten. Nach und nach werden die Spülmaschinen auf den Wohnbereichen durch halbgewerbliche Geschirrspüler ersetzt. Dann können wir die Flaschen auch auf den Wohnbereichen reinigen. In den Wohnbereichen, wo dies bereits der Fall ist, reinigt ein 30 min desinfizierendes Spülprogramm die genutzten Flaschen. Es wurde ein extra Korb-Einsatz für die Spülmaschine angeschafft. So können die Flaschen zum Trocknen herausgenommen werden, während der zweite Korb bereits wieder befüllt wird.

Wie wird die Hygiene gewährleistet?

Lanzl: Oft haben stationäre Pflegeeinrichtungen Angst vor möglichen Legionellen. Legionellen vermehren sich aber im warmen Wasser und bei geringem Durchlauf. Das Wasser für die Wasserspender kommt jedoch aus der Kaltwasserleitung und durch die Nutzung kommt es zu einem regelmäßigen Durchlauf. Somit besteht keine Legionellen-Gefahr. Die Wasserspender sind so gebaut, dass sie trotz der Nutzung durch verschiedene Personengruppen keimfreies Trinkwasser liefern. 

Schwebke: Bei unseren Geräten ist der Auslauf der Wasserspender nicht sichtbar und kann auch nicht durch Flaschenhälse oder Hände berührt werden. Stündlich wird die Austrittstelle vom Gerät selbst erhitzt, um eine Keimbildung zu umgehen. Zudem haben die Wasserspender ein zweiminütiges Desinfektionsprogramm, um den Hahn zu entkeimen. Die Reinigungskräfte desinfizieren den äußeren Bereich der Wasserspender. Die Wartung erfolgt halbjährlich.

Vielen Dank Herr Schwebke und Herr Lanzl für die Einblicke. Was möchten Sie anderen Einrichtungen noch auf den Weg geben, die auch eine Umstellung planen?

Schwebke: Ich kann die Umstellung nur empfehlen. Wichtig ist, die Mitarbeitenden und Bewohner*innen von Anfang an einzubeziehen und von Anfang an ausreichend Geräte und Flaschen zu bestellen. Dank der Wasserspender ist Wasser nun immer vorrätig und wir sind nicht mehr auf Lieferungen und Transporte angewiesen. Unser Lagerraum, wo sich früher Wasserkisten stapelten, können wir nun für andere Dinge verwenden.

Lanzl: Die Umstellung auf Wasserspender ist ein wichtiger und einfach umsetzbarer Schritt für den Klimaschutz, bei dem sich zudem Geld sparen lässt. Aber Achtung: Hier ist es wichtig, richtig zu kommunizieren. Die Umstellung sollte in erster Linie aus den Beweggründen der Klimaschutzmaßnahme und nicht als Sparmaßnahme kommuniziert werden. Zur Unterstützung bei der Kommunikation und zur Hervorhebung als Vorreiter der Wasserwende bietet a tip: tap e. V. auch die Verleihung der Auszeichnung Leitungswasserfreundlich an.